Reisebericht Nordthailand (#1)

BERLIN - BANGKOK - CHIANG MAI

 

Von Berlin nach Helsinki und dann weiter. Als hätten wir nicht schon ein kleines Vermögen für die Flüge hingelegt, freuen wir uns über die Blaubeersaft-Flatrate der zugegebenermaßen hervorragenden finnischen Airline.

 

Ankunft in Bangkok ist irgendwann vor Sonnenaufgang. Irgendwie lernt man nicht dazu und wir geben mal wieder zu viel Geld für das erste Taxi aus. Während der langen Fahrt vom Flughafen ins Zentrum staunen wir, wie jedes Mal, über die Skyline. Die Wolkenkratzer scheinen kein Ende zu nehmen, eine einzige Betonwüste, aber auf seltsame Weise faszinierend. Auch das Licht ist hier anders: Die Sonne kämpft gegen den Dunst an, ohne wirklich durchzukommen, und trotzdem ist es jetzt schon unglaublich hell und drückend warm. Es fühlt sich an wie ein Januar-Morgen bei uns, wenn die Sonne sich zögerlich zeigt – nur dass es hier 35 Grad hat.

Dann endlich der erste Kaffee und Internetzugang.  Wir haben uns viel vorgenommen für diesen Tag, aber haben ein paar Stunden Zeit. Rückblickend hätten wir besser eine Nacht in Bangkok verbringen sollen, aber wir mögen die Stadt beide nicht. Für ein paar Bath überbrückend wir stattdessen die Wartezeit an einem Hotelpool. Dank GRAB-App dann ein deutlich günstigeres Taxi zum Busbahnhof.

 

Den Nachtbus nach Chiang Mai hatten wir schon in Helsinki über 123asia gebucht. Die Fahrt ist ein kleines Abenteuer für sich, aber am Ende finden wir tatsächlich ein paar Stunden unruhigen Schlaf. Gegen 4:30 Uhr wache ich auf. Der ganze Bus schläft, und draußen hat sich die Welt komplett verändert: Statt Sonnenschein und flacher Landschaft fahren wir durch grüne Berge. Es regnet, und der Nebel schleicht sich durch die Täler. 

In Chiang Mai bleiben wir drei Tage in einem kleinen, charmanten Hostel, mitten in meinem Lieblingsviertel. Wir wollen direkt losziehen, stattdessen fallen wir komplett übermüdet auf das erste Bett seit drei Nächten. Gegen 16 Uhr gehen wir Frühstücken. In den kommenden Tagen erkunden wir die Stadt. Ein warmer Sommerabend im strömenden Regen hat sich in mein Gedächtnis eingebrannt; wir essen verschiedene Sachen, alles ist köstlich in diesem Land. Zusammengepfercht unter einem offenen Tempel mit den anderen Besuchern des Nightmarkets schweigen wir uns die meiste Zeit an, aber das ist völlig okay, jeder von uns hat seine eigenen Beobachtungen zu machen.

 



CHIANG MAI - PAI 

 

Unser erster Besuch bei 7-Eleven versorgt uns nicht nur mit Fleischbällchen und Käsetoast mit Würstchen, sondern auch mit einer Internet-Flatrate. Wollten wir wie alle anderen hier eine digitale Auszeit? Ja. Ist das Leben mit Navi und Taxi-App auf dem Handy leichter? Ja. 

Für die Weiterreise machen wir zunächst einen Abstecher zu „AYA“. Wichtig: Am Tag vor der Abreise muss man persönlich dort erscheinen, um sich anzumelden. Bei AYA kann man einen One-Way-Roller nach Pai mieten und sein Gepäck mit dem Minivan mitschicken. Der Minivan bringt auch täglich diejenigen, die keine Lust auf sechs Stunden Rollerfahren haben, bequem nach Pai. Wir hingegen haben Lust aufs Rollerfahren, denn die Strecke soll, wie uns von mehreren Seiten berichtet wurde, wunderschön sein.

 

Und das ist sie auch. Beim Rollerfahren sind wir schon ein bisschen eingegroovt: Du fährst, ich navigiere – nicht immer ganz richtig, aber du bleibst geduldig. Vielleicht liegt es auch einfach an der Wärme, aber das Leben, unsere Gemüter sind hier in Südostasien generell entspannter und… glücklich. Ein weiterer Vorteil der Rollerfahrt sind die kleinen Zwischenstopps entlang der 1095, die man mit dem Bus nicht hätte. So haben wir einen riesigen Wasserfall ganz für uns allein. Der Canyon kurz vor Pai, den wir am Abend erreichen, ist hingegen total überfüllt, und irgendwie sind wir jetzt doch zu müde, um ihn richtig zu genießen. Wir treffen die Briten wieder, mit denen wir ein Stück der Strecke gemeinsam gefahren sind. Sie haben ein Hostel im Zentrum von Pai gefunden. Wir entscheiden uns stattdessen für ein Bungalow etwas außerhalb – und sind sofort vernarrt in diese Unterkunft. Undicht, voller Ameisen, aber mit funktionierendem Bad und einem bequemen Bett. Es gibt eine kleine Terrasse, auf der wir jeden Morgen die Blätter zusammenfegen. Unsere kleinen Welt, mit Blick auf Reisfelder und Berge. Kurzzeitig haben wir einen Hund adoptiert, für einen Moment ist alles perfekt. Genau wie Pai selbst.

 



PAI  - WAT PA TAM WUA

 

Pai ist umwerfend, wir sind hier ganz weit weg von unserem Leben in Deutschland, nicht nur geografisch. Diese ganze Erfahrung bringt uns näher zusammen. Du lässt dir ein Tattoo stechen, ich dokumentiere alles. Das Wetter ist fantastisch, diese tägliche Wärme macht uns innerlich ruhig. Im Two-Huts genießen wir den Sonnenuntergang, schlafen jeden Tag für ein paar Euro und essen das beste Essen. Mit dem Scooter erkunden wir die Umgebung und leben einfach. Warum wohnen wir nochmal in Berlin?

Nach einiger Zeit in Pai fahren wir weiter mit dem gelben „Bus“, der von der großen Hauptstraße in Pai abfährt. Hier sitzen wir Haut an Haut mit den Locals und anderen Reisenden, die uns vollquatschen. In solchen Momenten bin ich dankbar für deine Smalltalk-Ability. Ich klinke mich mental aus, du bleibst höflich für uns beide.

 

Der gelbe Bus bringt uns immer tiefer in die Berglandschaft, vorbei an einigen Checkpoints, bis wir vor dem Torbogen des Wat Pa Tam Wua ankommen – „A beautiful and peaceful Forest Monastery, open to everyone.“ Nach der Anmeldung trennen sich unsere Wege, Männer und Frauen halten respektvollen Abstand zueinander. Zuerst tauschen wir unsere eigene Kleidung gegen die weiße Klosterbekleidung und finden uns dann in den Schlafsälen wieder. Das Bett ist der Boden, aber daran gewöhnt man sich schnell. Die Tage im Kloster beginnen um 5 Uhr morgens, wenn die Tempelanlage noch in dichtem Nebel gehüllt ist. Das Licht hat hier etwas ganz Besonderes, fast Magisches. Die Atmosphäre ist eigenartig, aber gleichzeitig faszinierend – eine flache Ebene, umgeben von mächtigen Bergen. Sicher ließen sich auch Schwächen finden, doch für mich bleibt dieser Ort einer der friedlichsten, an denen ich je gewesen bin. Ich vermisse diesen Safe Space, in dem stundenlang nichts anderes zählte, als Blätter zusammenzufegen. Mein Kopf war hier leer und ruhig, und auch jetzt sehne ich mich noch nach diesem Gefühl. Manchmal denke ich, sollte mein Leben irgendwann endgültig über mir zusammenbrechen, werde ich dorthin zurückkehren.

 

 

Als die Tage im Kloster zu Ende gehen, kommen mir die Tränen. Alle, auch die, die uns bei der Hinfahrt noch so mitteilungsbedürftig waren, wirken nun in sich gekehrt und ruhig – niemand möchte wirklich gehen. Wir fahren zurück nach Pai, und weil es dort so besonders war, bleiben wir noch eine Weile, bevor es schließlich zurück nach Chiang Mai und Bangkok geht – und von dort aus weiter in den Süden des Landes.